Donnerstag, 30. September 2010

Kampfhähne und männliche Ehre

Na, na, wer redet denn hier noch von „Zickenkrieg“ im Bundeshaus? (Ausser dem Blick, notabene)
Die Aargauer FDP-Ständerätin Christine Egerszegi sagt es jedenfalls passend: “Die sollen aufhören mit ihrer Gügglete“. Finden wir auch.


(Bild: /www.derbund.ch, 30.9.10)


Sonntag, 26. September 2010

Antisexistische Kreuze in der Spree

Am Samstag vor einer Woche fanden in Berlin unter dem Motto „1000 Kreuze in die Spree“ vielfältige Proteste gegen christlichen Fundamentalismus und die Kriminalisierung des Schwangerschaftsabbruchs statt. Der Bundesverband Lebensrecht hatte zu einem „Schweigemarsch“ unter dem Motto „1000 Kreuze für das Leben“ aufgerufen.

Die Organisator_innen der Gegenaktion schreiben dazu:

Die Organisatoren dieses Zuges (vom Bundesverband Lebensrecht) bezeichnen sich selbst als Lebensschützer. Sie predigen auf Grundlage eines christlich-fundamentalistischen Weltbildes das Verbot und die Bestrafung von Abtreibungen. Das Bündnis gegen Abtreibungsverbot und christlichen Fundamentalismus will dies nicht akzeptieren und macht sich für das Selbstbestimmungsrecht von Frauen und für die Abschaffung des Abtreibungsparagraphen 218 im Strafgesetzbuch stark, dessen Existenz den Schwangerschaftsabbruch nach dem Willen der Frau nach wie vor kriminalisiert.


Demonstiert wurde gegen ein patriarchales und homophobes Gesellschaftsbild, wie der Mädchenblog hier berichtet. Und weiter:

Die selbst ernannten „Lebensschützer“ sind Teil des christlichen Fundamentalismus. Sie kämpfen für eine Gesellschaft, die auf der bürgerlichen Kleinfamilie, einer rigiden Sexualmoral, Verbot von Homosexualität und auf Schicksals- und Obrigkeitsergebenheit beruht.




Wir gratulieren und freuen uns über den Erfolg der Aktivist_innen gegen Sexismus und Homophobie in Berlin!

Unter dem Motto „Abtreibungsfinanzierung ist Privatsache“ wurde übrigens anfangs dieses Jahres auch eine Volksinitiative in der Schweiz gestartet. Sie fordert, dass die Kosten eines Schwangerschaftsabbruchs aus dem Leistungskatalog der obligatorischen Krankenversicherung gestrichen werden. Nachdem Feministinnen in den 1970er Jahren unter dem Motto "das Private ist politisch" den Schwangerschaftsabbruch legalisiert haben wollten, ist dieser Titel blanker hohn...


Donnerstag, 23. September 2010

Frauenmehrheit auf Zeit

Frauen waren immer schon politisch aktiv – auch in der Schweiz. Und obwohl sie erst Ende des 20. Jahrhunderts als politisch mündige Bürgerinnen anerkannt wurden, waren sie bereits früh in internationale und nationale Organisationsstrukturen eingebettet, gründeten politische Vereine oder waren in regionalen, autonomen Politgruppen aktiv. Und zwar bis heute.

Seit gestern sind nun vier von sieben Mitgliedern der Exekutive weiblich – eine Frauenmehrheit also, die auch vom Ausland kommentiert wird: Von der New York Times über Le Monde bis zum Guardian – sie alle scheinen sich die Frauenmehrheit im Bundesrat zu freuen und werten die gestrige Wahl der SP-Frau Sommaruga als „historischen Moment“ für die Schweiz. So meint etwa der Guardian:

In a country which only gave women the vote in national elections in 1971 – and in which one canton blocked them from local votes until 1990 – the creation of the first female-dominated federal council has been greeted as a symbolic leap forward.


Etwas nüchterner sieht es die deutsche Zeit – ausserdem die einzige Zeitung, die korrekterweise darauf hinweist, dass die Schweiz nicht nur erst 1971 das Frauenstimm und -wahlrecht einführte, sondern dies sogar erst auf Druck von Aussen machte (sie hätte sonst die europäische Menschenrechtskonvention nicht unterzeichnen dürfen):
Die politische Macht, die die Frauen sich allmählich in der Schweiz erobert haben, geht nämlich keineswegs mit ihrer wirtschaftlichen einher. In den wahren Schaltzentralen des Landes haben sie immer noch fast nichts zu sagen. Die gläserne Decke, sie besteht offenbar aus Panzerglas.

Ja, das Panzerglas, das ist unüberwindbar – aber ist es nicht so, dass wir versuchen sollten, der kapitalistischen Logik einen Streich zu spielen anstelle selber in die Teppichetagen einzunisten? Das ist übrigens dort, wo es (danke, liebe Regula Stämpfli für diese Bezeichnung) aussieht wie in einem „Wartezimmer beim Urologen“…

Die Schande, dass Frauen bis heute gute 1/5 weniger als Männer verdienen, bleibt allemal bestehen.

Sieg der Frauen also? Interessanterweise weist beim ganzen Freudentaumel kaum jemand darauf hin, dass es wohl die SVP (unterstützt von einigen Vertretern der CVP) war, welche der zweiten Frau ihren Sitz streitig machte.

Selbstverständlich freuen wir uns, dass es auch Frauen in die Exekutive schaffen. Aber von einem „Sieg“ zu sprechen scheint gar hoch gegriffen, denn wir fragen wir uns ob diese symbolische Frauenmehrheit dazu führt, sexistische Strukturen abzubauen oder einen Einfluss darauf hat, dass Frauen im Parlament untervertreten sind. Wohl kaum. Aber schaden tut’s ja auch nicht und wenn Mädchen mit dem Bild aufwachsen, dass auch sie Bundesrätinnen sein können ist es sicher auch nicht verkehrt. Aber es wäre doch interessant zu wissen, was diese Entwicklung über den Status der (institutionellen) Politik sagt, denn historisch ging der Eintritt von Frauen in gewisse (Berufs-)Felder immer mit einer Abwertung des Staus einher.

Spannend bleibt’s allemal – denn aller Wahrscheinlichkeit nach bleibt‘s lediglich bis zu den Gesamterneuerungswahlen des Bundesrates 2011 bei dieser Frauenmehrheit in der Exekutive. Wir bleiben dran.

PS: Wir hätten uns übrigens sehr gefreut, wenn die Journalisten (ja, es waren leider nur Männer) im Schweizer Fernsehen nach der Wahl von Herrn Schneider-Ammann nicht leidglich Frauen gefragt hätten, ob sie nicht lieber eine zweite Bundesrätin gehabt hätten. Denn es ist nicht nur Sache der Frauen, Frauen in der institutionellen Politik zu fördern und es gibt auch Männer, die sich fünf Frauen im Bundesrat gewünscht haben.

Dienstag, 21. September 2010

„Siebe zu Null“

Wir wagen zu sagen: Ein historischer Tag steht uns bevor.
Und zur Einstimmung findet ihr hier die Einschätzung der Moderatorin und Autorin Sandra Künzi zum morgigen grossen Tag.

In diesem Sinne: Ändlech d’Mehrheit, heitere Fahne.

Montag, 20. September 2010

Die alte neue „Kopftuchfrage“

In der Diskussion um Minarett und Burka berufen sich BefürworterInnen und GegnerInnen auf die Gleichstellung der Geschlechter. Rechtskonservative Kreise rechtfertigen damit ihre fremdenfeindliche Politik und verdrängen so gleichstellungspolitische und feministische Anliegen. Die feministische Zeitschrift Olympe sammelt in ihrer neusten Ausgabe unter dem Titel „Wider die Instrumentalisierung von Frauenrechten“ Beiträge von Autorinnen mit unterschiedlichen Blickwinkeln und Positionen, die es sicherlich zu lesen lohnt.

Zur Vernissage der «Olympe» gibt’s ein öffentlichen Podiumsgespräch mit spannenden Teilnehmerinnen, auf das wir euch gerne hinweisen:
„Frauenrechte im Schatten der Burka-Debatte. Feministinnen und Wissenschaftlerinnen im Gespräch“
6. Oktober 2010, 18.30h, Zentrum Karl der Grosse, Kirchgasse 14, Zürich

Podiumsteilnehmerinnen:
•Bettina Dennerlein, Professorin für Gender Studies und Islamwissenschaft, Uni Zürich
•Stella Jegher, Koordinatorin Frauenrechte, Amnesty International Schweiz
•Rifa’at Lenzin, Islamwissenschafterin, Mitglied Interreligiöser Think-Tank

Freitag, 17. September 2010

Neoliberalismus und Feminismus?

Neoliberalismus und der Feminismus der Neuen Frauenbewegung im Zuge der so genannten 68er blühten etwa zur selben Zeit auf. Nancy Fraser, Politologin, Feministin und wohl eine der klügsten ZeitgenossInnen unserer Zeit weist in diesem Zusammenhang auf eine beunruhigende Möglichkeit hin: Der kulturelle Wandel, der durch diese 2. Welle des Feminismus herbeigeführt wurde, hat gleichzeitig die Transformation einer kapitalistischen Gesellschaft legitimiert – eine Entwicklung, die der feministischen Vision einer gerechten Gesellschaft entgegenwirkt.
War es bloßer Zufall, dass Neue Frauenbewegung und Neoliberalismus gleichzeitig, sozusagen als Tandem, in Erscheinung traten und gediehen? In ihrer Bilanz der letzten 40 Jahre zeigt Nancy Fraser, wie der Neoliberalismus Elemente der feministischen Gesellschaftskritik in den Dienst kapitalistischer Verwertung und gesellschaftlicher Modernisierung stellte. Ihr Fazit: Nur eine Rückbesinnung auf die eigenen radikalen Ursprünge kann die Neue Frauenbewegung aus dieser Umarmung befreien und damit zu einer Überwindung des Neoliberalismus beitragen.

Hier begründet sie diese Einschätzung der geschichtlichen Bedeutung der Neuen Frauenbewegung (englisch):


Feminism, Capitalism, and the Cunning of History
Hochgeladen von laviedesidees. - Nachrichtenvideos aus der ganzen Welt.

Und wer lieber liest, findet die durchaus etwas beklemmend aber dennoch kluge Analyse hier (in deutscher Sprache).


Montag, 13. September 2010

Unverhüllte Einsichten

Über Frauenleben in Bosnien Herzegowina, der Türkei, im Iran, in Afghanistan und in Pakistan berichtet der Film “Unveiled Views“ (Alba Sotorra, 2009). Die porträtierten Frauen sprechen über ihre Berufe, Frauenrechte und ihre Visionen. Da der Film bei uns leider nicht zugänglich ist, folgt hier ein kleiner Einblick in unverhüllte Welten.




Weitere Informationen findet ihr hier.

Freitag, 10. September 2010

Null Toleranz und „Zigeunerromantik“

Seit August werden in Frankreich Massen von Roma abgeschoben. Dass dies eine in Europa weit verbreitete Tendenz sei, vertritt Vina Yun von an.schläge.
Interessant ist hierbei, dass es v.a. die skandinavischen Länder zu sein scheinen, die bei uns sozialpolitisch einen ausgezeichneten Ruf geniessen, welche nun äuserst mangelhaftes Verhalten an den Tag legen.
Im Juli wies Dänemark 23 rumänische Roma aus und belegte sie mit einem mehrjährigen Einreiseverbot. Begründung: „Bedrohung der öffentlichen Ordnung.” Dieses Vorgehen widerspreche aber der Aufenthaltsdirektive der EU, intervenierten Kritiker_innen – demnach ist die Ausweisung von EU-Bürger_innen nur dann und auch nur im geprüften Einzelfall erlaubt, wenn eine „reale, unmittelbare und ernsthafte Bedrohung grundlegender öffentlicher Interessen” vorliegt (weshalb auch Frankreich mit seinen Abschiebungen im großen Stil europäisches Recht verletzt). (…) Mit Unterstützung des European Roma Rights Centre in Budapest wollen die Betroffenen nun den dänischen Staat wegen Verletzung ihrer Rechte als EU-Bürger_innen verklagen – ein Präzedenzfall, der für andere Länder beispielgebend werden könnte.
Auch durch die Auseinandersetzungen rund um das Verbot des „organisierten Bettelns” in unterschiedlichen Ländern (darunter Österreich, Dänemark oder Finnland) sind Roma in den Medien – wenngleich in negativer Art und Weise – präsenter geworden. Schweden rechtfertigte übrigens die kürzliche Abschiebung von Roma mit dem Hinweis, Betteln sei eine „unehrliche Weise, Geld zu verdienen”.

Das ist aber nicht alles. Schauen wir mal in unser eigenes Gärtchen... Hier sieht es nicht unbedingt besser aus – naja, wie sollte es auch, das kennen wir (leider) nur allzu gut. So berichtet migrazine.at, das magazin von migrantinnen für alle über die (Re-)produktion antiziganistischer Stereotypen, die sich nicht selten mit sexistischen und kapitalistischen Stereotypen vermischen:
In linken Diskursen findet sich häufig noch ein positiver Bezug auf vermeintlich "zigeunerische" Eigenschaften, der an die so genannte "Zigeunerromantik" des späten 19. Jahrhunderts anknüpft und eine verkürzte Kritik der bürgerlichen Gesellschaft transportiert. (…) "Zigeuner"-Bilder sind Projektionen und dienen als Gegenbilder stets auch der Konstitution und Abgrenzung von Wir-Gruppen-Identitäten. Als solche tragen sie letztlich auch zur Konstruktion von Geschlechterverhältnissen sowie zur Standortbestimmung von kapitalistischer Lohnarbeit und Nationalstaatlichkeit bei. Gleichzeitig versuchen wir als Nicht-Roma soweit es möglich und gewünscht ist, mit Roma-Organisationen zusammen zu arbeiten.

Montag, 6. September 2010

Luststreifen - Sex, Gender & Desire

Das Filmfestival „Luststreifen - queer cinema basel“ hat dieses Jahr “Sex, Gender & Desire“ als Inhalt. Die gezeigten Filme thematisieren Geschlecht ausserhalb der traditionellen Vorstellungen von Mann und Frau und bringen das Spiel mit den Geschlechternormen auf die Leinwand. "love me gender, love me sweet" steht bei ihnen als Appell für mehr Spielraum und Toleranz innerhalb der strengen Ordnung der Zweigeschlechtlichkeit. Die Luststreifen finden diesmal an den vier Samstagen im September 2010 statt. Weitere Informationen hier.

Freitag, 3. September 2010

Nix zu lachen in Berlusconien

Im Film „Videocracy“ von Erik Gandini (2009) wird gezeigt wie das italienische Fernsehen als Machtmittel eines Mediendiktators fungiert – inkl. Frauen als den dazugehörigen „Requisiten“.

Hier geht’s zur Filmvorschau:
Box Office vom 10.06.2010

Mittwoch, 1. September 2010

„Demokratisches Rechtsempfinden“ 1971-2010

Die Initiative „Zäme läbe, zäme stimme“, über die am 26. September abgestimmt wird, will es den Gemeinden ermöglichen, Ausländerinnen und Ausländern ein Stimmrecht zu erteilen. Ein bürgerliches Komitee hat am Montag nun geltend gemacht, dass Stimm- und Wahlrecht untrennbar mit dem Bürgerrecht verbunden sei und deswegen Ausländer_innen vom Stimm- und Wahlrecht auszuschliessen seien. Dadurch schaffe die Initiative in ihren Augen nämlich „einen Zustand, der nicht dem demokratischen Rechtsempfinden entspreche“.

Moment mal. Wie war das nochmals, damals vor 39 Jahren als das Frauenstimm und -wahlrecht eingeführt wurde? Wie war das mit dem „demokratischen Rechtsempfinden“? Waren Frauen bis 1971 etwa keine Bürgerinnen? Na also. Wir freuen wir uns jedenfalls umso mehr, wenn Ausländer_innen nicht dieselbe Schmach erleiden müssen wie unsere Mütter und Grossmütter. In diesem Sinne schreiben wir ein fettes JA ins Feldchen…