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Montag, 17. Januar 2011

Wir empören uns!

Der 1917 in Berlin geborene Stéphane Hessel war Student Jean-Paul Startes, während des Zweiten Weltkrieges Teil der „France libre“ (eine Widerstandstruppe, die gegen den deutschen Nationalsozialismus und das französische Vichy-Regime kämpfte), wurde 1944 von der Gestapo in Frankreich verhaftet und ins KZ Buchenwald deportiert. Nach dem Krieg arbeitete er bei der UNO und verschiedenen französischen Botschaften.

Nun (also eigentlich war es im Oktober 2010 – aber jetzt boomt die Diskussion halt grad so schön) hat der ehemalige (und in gewisser weise auch heutige) Widerstandskämpfer in einem knapp 30 Seitigen Heftchen, das geschrieben, was wir wohl hören müssen – und auch gerne hören: "Indignez-vous!“ - "Empört euch"! Ein Plädoyer wider die Resignation und für Engagement und Militanz. Aber: "Die Empörung ist notwendig, aber nicht ausreichend. Die Gefahr ist die, dass sich die Individuen zwar entrüsten, dann aber sich abkapseln."

Als „weiser Vater“, so scheint es, kommt er daher, weniger ein politischen Programm ausarbeitend, als vielmehr sich in seiner eignenen – und der europäischen – Geschichte situierend. Als Geist des Widerstandes, einer Generation, die sich (noch) zu Wort melden kann und nachfolgenden Generationen weise zu Rate steht meldet sich der 93-jährige, der sich seinerseits etwa über die „Diktatur der internationalen Finanzmärkte“ empört, zu Wort – und das ist ja auch sehr gut so (Achtung, le film, c’est Français):



Und weiter meint Hessel: "Ich wünsche allen, jedem und jeder unter euch, dass ihr ein Motiv zur Empörung habt. Das ist wertvoll. Denn wenn man sich über etwas empören kann, wie das bei mir mit dem Nationalsozialismus der Fall war, dann wird man militant, stark und engagiert."

Empören wir uns also! Gründe zur Empörung gibt's eh genug! Einer davon: Dieses Büchlein wühlt Frankreich auf, indem es zum Kampf gegen Ungerechtigkeit aufruft während in Deutschland ein polemisches Buch der Menschenfeindlichkeit zum Bestseller wird. Empörend, ist das, jawoll.


Freitag, 17. Dezember 2010

Fühlt ihr euch nun tatsächlich besser?

Die Woche ist fast durch, die Rappen schon bald fertig gezählt und „die Schweiz“ verteilt in Anbetracht der Weihnachtszeit gegen 4 Millionen Franken an arme Kinderlein irgendwo weit weg auf der Welt. Sämtliche Pseudo-Promis krochen aus ihren verstaubten Löcher, nutzten die Gelegenheit, endlich wiedermal in der Schweizer Illustrierte erscheinen zu dürfen und produzierten zum Himmel stinkende Lieder, die zynischer nicht sein könnten. Penetrante Radio-&TV-Journis basteln an ihrem Heldentum (Yeah-ich-habe-1-Woche-im-Container-überlebt-und-mir-sogar-einen-Bart-wachsen-lassen-weil-mir-das-Schicksal-von-Kindersoldaten-so-wahnsinnig-nahe-geht), um sich den 40-Jahre-Vertrag bei der SRG zu sichern und die Swisscom markiert ihr „soziales Engagement“, indem sie uniformierte Mitarbeitende ebenfalls in einen Container sperrt.

Dass die ganze Geschichte primär ein riesiges Marketingspektakel ist, bei dem die armen Kinderlein v.a. als willkommenes Instrument dienen, hat W bereits schlau aufgezeigt. Was erstaunt, ist, wie unreflektiert eine grosse Masse an Menschen dieser Marketingmaschine völlig unreflektiert Aufwind gibt und sich dabei sogar besser zu fühlen scheint.

Wir fragen:
Ist es tatsächlich euer Ernst, dass ihr euch solidarisch fühlt, indem ihr…

…euch einen virtuellen Button auf euer virtuelles Facebook-Gesicht klebt?
…bei einer Ersteigerung von einem dekadentem Cüppli-Date mit Mister Schweiz zugunsten von hungernden Kindern mitmacht?
…in der Mittagspause schnell beim Bundesplatz vorbeigeht und ein 20er-Nötli den Schlitz runterlässt (und die Gelegenheit grad noch rasch nutzt, um mit dem I-Phone die bärtigen Radiohelden und deren C-Klasse-Superstar-Interviewpartner zu fötelen) und dabei die Obdachlosen, an denen ihr vorbeigeeilt seid, wie immer ignoriert (ist ja schon chli unangenehm, Menschen, denen es elend geht, direkt gegenüber zu stehen, dann lieber ein 20er-Nötli für die armen Kinderlein weit weg, deren traurigen Blick ich wegklicken kann, wenn ich grad keine Lust hab)?

Wer von euch hat sich schon mal überlegt, dass das Negerkindlein, dass ihr mit eurem Schlitz-20er-Nötli zu unterstützen meint, schon morgen bei uns in der Schweiz in einem Asyldurchgangsheim anklopfen könnte? Bringt ihr denn dem – getrieben von eurem Solidaritätsgefühl – auch in der Mittagspause rasch ein 20-er-Nötli in den Container?

Montag, 15. November 2010

Das wird mir alles nicht passieren!


„Wie bleibe ich Feministin?“ fragen sich die Personen in den Geschichten der österreichischen Texterin und Journalistin Marlene Streeruwitz, die im Buch „Das wird mir alles nicht passieren. Wie bleibe ich Feministin“ (Oktober 2010) gesammelt sind. Die Fortsetzungen dieser Geschichten sammelt Streeruwitz auf dem Internet. Auf ihrer Website http://wie.bleibe.ich.feministin.org sammelt sie einerseits mögliche Fortsetzungsgeschichten, anderseits finden sich darin auch grundsätzliche Diskussionen zum Thema.

Ein Buch zu lesen und mitschreiben, sozusagen. Oder in den Worten Streeruwitz’:

wie soll das gehen. mit dem klugen und gerechten leben. in der heutigen zeit. unter den heutigen umständen. und was kann die literatur damit zu tun haben.
vorschläge. ratschläge. umschläge. hinschläge. herschläge. aufschläge. abschläge. anschläge.
whatever.