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Freitag, 20. April 2012

Ja zu Stoff-Vaginas!

Die Volksinitiative „Schutz vor Sexualisierung in Kindergarten und Primarschule“ möchte Sexualkundeunterricht für Schüler_innen unter neun Jahren untersagen und bis zum zwölften Altersjahr nur auf freiwilliger Basis regeln. Damit werden wirkungsvolle Prävention und Information gegen sexualisierte Gewalt und Missbrauch, aber auch Aufklärung zu Verhütung praktisch verunmöglicht. Brisant: Der Co-Präsident des Komitees (und übrigens auch Stiftungsrat der «Schweizerischen Hilfe für Mutter und Kind», einer rechtskonservativen Organisation, die sich seit Jahren gegen Schwangerschaftsabbruch einsetzt) war 1996 wegen sexuellen Missbrauchs verurteilt worden, weil er regelmässig eine Jugendliche zu Geschlechtsverkehr gezwungen hatte.

In einem Interview vom Januar 2012 meinte er:
Es geht zum Beispiel um die persönliche Freiheit, um den Schutz der Kinder und um den Schutz des Privat- und Familienlebens – alles gemäss Bundesverfassung.
Auch das Initativkomitee meint:
Sexuelle Aufklärung ist vor allem Aufgabe des Elternhauses
Aha. Schutz des Privat- und Familienlebens? Also gerade dieses Ortes, in dem viele der sexuellen Übergriffe geschehen? Das ist allerdings schon etwas mehr als lediglich ein "ein Fehlstart der Initiative" meinen wir!

Die Journalistin Monika Zech schreibt dazu:
Der Fall von Benjamin Spühler zeigt einmal mehr, wie gern das Thema Sexualität von Heuchlern besetzt wird. Wie lange haben Kirchenvertreter dank der Tabuisierung der Sexualität Kinder missbrauchen können!
Tatsache ist eben, und das bestätigen sämtliche Fachleute – auch die Polizei: Aufgeklärte Kinder lassen sich nicht so leicht missbrauchen. Und genau darum geht es beim Sexualkundeunterricht. Exakt mit dem Schutz der Kinder vor sexueller Ausbeutung argumentieren diejenigen, die einen moderaten, selbstverständlich dem Alter der Kinder angepassten Sexualkundeunterricht einführen wollen. Dass ein verurteilter Kinderschänder die Initiative gegen diese Aufklärung ergriffen hat, sollte allen, die sich ihm angeschlossen haben, Grund genug sein, diese Initiative zurückzuziehen. Es geht nämlich darum, unsere Kinder vor solchen Menschen wie Benjamin Spühler zu schützen.

Auch wir meinen - und hoffen v.a.: Aufgeklärte Kinder lassen sich nicht so leicht missbrauchen – deshalb ja zu Stoff-Vaginas!


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Sonntag, 15. April 2012

Bedingungsloses Grundeinkommen? Nicht ganz.

Zugegeben, auf den ersten Blick scheint die soeben lancierte Initiative für ein bedingungsloses Grundeinkommen super! Auch menschenwürdiges Dasein und Teilhabe am öffentlichen Leben als Ziele tönen doch wunderbar. Und aus feministischer Perspektive scheint die Idee einige lang mitgetragene Probleme zu lösen: Anstelle zwischen bezahlter und unbezahlter „Arbeit“ (ja, in Anführungszeichen, denn Erziehung, Hauspflege und Liebe werden selten als Arbeit bezeichnet, da nicht entlöhnt) zu unterscheiden, würden diese nun auch finanziell wertgeschätzt. Ausserdem: Mehr Zeit für alle. Und keine Sorge, wird werden nicht alle einfach rumliegen und Kohle absahnen, der Kapitalismus, der löst sich nicht in Luft auf: Der „Arbeitsanreiz“ bleibt weiter bestehen; arbeiten kann, soll, muss mensch ja schon auch – und dann gibt’s auch mehr Lohn.

Tönt nicht schlecht. Tun was wir wollen, also? Die Befreiung der Schweiz? "Ja, aber..." - oder "nicht ganz", wie Ina Praetorius, die übrigens auch im Initativkomitee ist, unser Unbehagen auf den Punkt bringt:
Es gibt in der wachsenden Bewegung für das leistungsunabhängige Grundeinkommen viele Leute, vor allem jüngere Männer, die das Modell Grundeinkommen als eine Art „Befreiungsschlag“ empfinden und propagieren. Sie verknüpfen es vor allem mit einem unrevidiert patriarchalen Freiheitsbegriff und vermitteln so den Eindruck, dass alle Leute, wenn das Grundeinkommen erstmal da ist, tun und lassen können, was sie wollen.
Ausserdem müssten wir in der Diskussion über ein „bedingunsloses“ Grundeinkommen auch gründlicher drüber nachdenken, was „Wirtschaft“ genau ist. Und das tun wir, deshalb nochmals Ina Praetorius:
Erst wenn wir ausdrücklich aufhören, die Wirtschaft willkürlich und gedankenlos auf den Bereich zu begrenzen, in dem vorzugsweise weisse erwachsene bezahlte Männer zunehmend unnütze Produkte herstellen und gegen Geld tauschen, wird die Debatte um das bedingungslose Grundeinkommen werden, was sie sein könnte: spannend und zukunftsschwanger.
Oh mensch, was ist denn nun schonwieder das Problem?, mögt ihr fragen. Das ist alles unglaublich anstrengend. Und wir antworten dann: Genau. So ist es. Und komplex dazu.

Denn die Arbeit, die getan werden muss, löst sich nicht in Luft auf. Das ist oft diejenige Arbeit, die nur wenige wirklich gern machen, nämlich: Windeln wechseln, Betten beziehen, Klos putzen, Müll entsorgen, Ställe ausmisten, abstauben, Hausaufgaben betreuen, Krisensituationen gemeinsam bewältigen, Essen kochen, Abwasserkanäle sanieren und so weiter. Wir sind und bleiben ja alle als Menschen geborene, verletzliche, scheissende, alternde Wesen...

Ihr seht, es ist also keineswegs „bedingungslos“, dieses Grundeinkommen, wie Frau Schrupp expliziert:
[...] sondern es ist eben an die Bedingung gebunden, dass wir akzeptable Rahmenbedingungen schaffen, unter denen notwendige, aber nicht „profitable“ Arbeiten erledigt werden. Wer soll diese Arbeit in Zukunft tun und warum, wenn man niemanden mehr unter Androhung von Geldentzug dazu zwingen kann?
Nun – wie sähe es denn aus, ein leistungsunabhängiges Grundeinkommen aus feministischer Perspektive? Im Manifest „Sinnvolles Zusammenleben im ausgehenden Patriarchat. Argumente für ein leistungsunabhängiges Grundeinkommen und weitere Gedanken zum Thema Geld, Arbeit und Sinn“ haben die Autor_innen des Textes das Grundeinkommen kritisch durch- und beleuchtet und liefern die grundlegenden Aspekte, die wir in den aktuellen Diskussionen mitdenken müssen.

Hier könnt ihr den ganzen Text nachlesen.

Leider werden im Büchlein zur Initative („Die Befreiung der Schweiz“ von Daniel Straub und Christian Müller) das „die Utopie Grundeinkommen in einen konkreten Zukunftsentwurf“ stellen sollte, diese Themen nicht erwähnt. Nochmals Antje Schrupp:
Ist es nicht möglich, auch in einem Büchlein, das das Grundeinkommen als Idee propagieren und unterstützen will, diese Problematik mal einzugestehen und darauf hinzuweisen, dass hier noch weiterer Handlungs- und Diskussionsbedarf besteht? Nicht, um die Grundeinkommensidee zu widerlegen oder zu schwächen. Ganz im Gegenteil: Um den aus guten Gründen skeptischen feministischen Denkerinnen zu signalisieren: Wir haben eure Einwände verstanden und greifen sie in unseren programmatischen Konzepten auf!
Dafür genügt es nicht, auch ein Interview mit einer postpatriarchalen Denkerin abzudrucken, wenn man deren Gedanken dann aber im Rest des Textes einfach ignoriert. Es ist dies ein eklatantes Beispiel für ein Phänomen, das ich leider ziemlich oft im Dialog zwischen Männern und Frauen beobachte: Die Frauen sagen etwas, die Männer nicken freundlich, versichern „Ja, Ja“, und gehen dann wieder zur Tagesordnung über, als wäre nichts gewesen

Das ist es, was mich frustriert: Nicht, dass hier ein Dissens wäre, ein politischer Konflikt, denn den könnte man ja austragen. Sondern dass ein Dialog überhaupt gar nicht erst zustande kommt, weil das Thema die Männer offenbar nicht interessiert.

Genau so isses – und nicht „ja, ja“. Lest, diskutiert und denkt weiter!


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Freitag, 4. Februar 2011

Brüste D.I.Y.

Und, wie steht's um deine Brüste? Mit Hilfe der Queer-Feministischen Agenda der Gruppe Riot Skirts* versprechen wir hiermit Abhilfe, falls du was an ihnen ändern möchtest! Dieser von einer Gruppe „unbeugsamen Queer-Feminist_innen gestalteter Kalender setzt sich hartnäckig gegen sexistisches, homo- und transphobes Verhalten zur Wehr...“. Das gefällt uns!

Du kannst wählen zwischen Puddingbrüsten (unten) und den Do's and Dont's des Brustabbindens (links) ...

*"Die queerfeministische Gruppe Riot Skirts aus Bonn verkörpern ein sinnliches geschlechterkritisches Konzept, engagieren sich gegen die vielfältigen Formen sexualisierter Gewalt und alle Formen der Unterdrückung und Ausgrenzung. Sie erstellt den Kalender in Zusammenarbeit mit zahlreichen radikal herrschaftskritischen feministischen Initiativen, Projekten und Gruppen."







Donnerstag, 27. Januar 2011

Frauen machen Demokratie

Dieses Jahr feiern wir ja 40 Jahre Frauenstimmrecht, 30 Jahre Gleichstellungsartikel in der Bundesverfassung, 20 Jahre Frauenstreiktag, 15 Jahre Gleichstellungsgesetz…

Nun geht es langsam los mit den Jubiläumsfestivitäten und Publikationen – und das Geschichtsträchtige Jahr 2011 beginnt, an Gestalt anzunehmen: U.a. mit einer „Kurzen Geschichte des Frauenstimmrechts in Quellen“, die von der Historikerin Elisabeth Joris und Renate Wegmüller herausgegeben wird:
In dieser Broschüre sind ausgewählte Zitate aus der Zeit von 1830 bis 1971 zusammen gestellt. Sie sollen dazu beitragen, die Geschichte des langen Kampfes um das Frauenstimm- und -wahlrecht im politischen Bewusstsein zu verankern. Wir dürfen nicht vergessen, dass erst die Kämpferinnen und Kämpfer für das Frauenstimmrecht die Schweiz zu dem gemacht haben, was sie immer zu sein behauptete, aber nicht war: eine echte Demokratie.
Die Broschüre erscheint am 3. Februar und kann beim Verlag bestellt werden!

«Stimmen, wählen und gewählt zu werden sei hinfort unsere Devise und unser Ziel», schrieb die Bündner Schriftstellerin und Historikerin Meta von Salis-Marschlins 1887. Es dauerte noch beinahe ein Jahrhundert, bis dieses Ziel erreicht wurde.

Na, wenn das kein Grund ist, mal wieder ein bisschen in die Geschichtsbücher zu schauen...

Donnerstag, 20. Januar 2011

Entscheiden die Frauen über die Annahme der Waffeninitiative?

Die Antirassismus-Strafnorm, über die wir 1995 abgestimmt haben, wurde – so jedenfalls meint es das Forschungsinstitut gfs – nur dank den Frauenstimmen angenommen. Und weiter:
Es (das gfs, Anmerkung der Redaktion) kommt zum Schluss, dass seit der Einführung des Frauenstimmrechts im Jahr 1971 bei mindestens zehn eidgenössische Vorlagen die Stimmen der Frauen den entscheidenden Unterschied ausmachten. Umgekehrt gaben bei mindestens elf Vorlagen die Männer den Ausschlag. (Tagi)
Aha. Frauen haben also auch (institutionelle) Macht.

Nun meinen einige Politolog_innen, dass es auch die Frauen sein könnten, welche der Waffeninitiative zum Durchbruch verhelfen könnten.

Und die Moral der Geschicht‘? Wenn du eine Frau bist und diesen Eintrag liest: Fülle jetzt das Couvert aus und schicke es ab! Wir hoffen nämlich, Leserinnen zu haben, die wissen, was sie tun. Und wenn du ein anderes Geschlecht hast, machst du am besten das gleiche. Und wenn du nicht weisst, was genau auf den Zettel soll, empfehlen wir das:




Montag, 17. Januar 2011

Living Dolls. Warum Frauen heute lieber schön als schlau sein wollen.





Living Dolls. Warum Frauen heute lieber schön als schlau sein wollen.
Buchpräsentation mit der Autorin Natasha Walter

17.2.2011, 20h, Frauenraum der Reitschule Bern



Sie kam und blieb freut sich ausserordentlich und lädt ein zur Buchpräsentation mit der Autorin Natasha Walter im Frauenraum der Reitschule Bern!

In Englisch, Übersetzung bei Bedarf. Im Anschluss Barbetrieb und Raum für Diskussionen - open to all genders

Wenn sich eine 18-Jährige statt einer Weltreise eine Brustvergrößerung wünscht, scheint etwas falsch gelaufen zu sein mit der Emanzipation. Die britische Publizistin Natasha Walter hat junge Frauen ...nach ihrem Selbstverständnis befragt. Die Antworten sind erschreckend. Zwar glauben die meisten Frauen, sie hätten ihr Leben und ihre Sexualität selbstbestimmt im Griff, in Wirklichkeit aber reduzieren sie sich selbst immer mehr auf ihr Äußeres und sehen allein ihre Attraktivität als Schlüssel zum persönlichen Erfolg. Auf dieses Lolita-Schema werden die Mädchen schon in frühen Jahren festgelegt. Es gibt fast nur noch rosa Spielzeug für kleine Mädchen, süße »Prinzessinnen« tragen Miniröcke, hochhackige Schuhe und Lippenstift und junge intelligente Frauen aus allen gesellschaftlichen Schichten lassen sich in Casting Shows öffentlich demütigen.

Natasha Walter wurde 1967 in London geboren. Nach ihrem Studium in Cambridge und Harvard arbeitet sie als Journalistin für Vogue, The Observer, The Independent, The Guardian sowie für die BBC. Mit diesem Buch revidiert sie die Thesen aus ihrem ersten Buch ›The New Feminism‹ (1998), in dem sie verkündete, dass Sexismus für
die Frauenbewegung kein Thema mehr sei. Heute ist sie eine der renommiertesten und bekanntesten Feministinnen Großbritanniens.

»Was am heutigen Sexismus irritiert und ihn womöglich als solchen unkenntlich macht, ist die Bereitwilligkeit, mit der sich viele Frauen daran beteiligen. Genau diese Entscheidungsfreiheit bezweifelt Natasha Walter.« Frankfurter Allgemeine Zeitung


Herzlich Willkommen!


Donnerstag, 23. Dezember 2010

Die neue Wut der Jugend

Wir weisen euch hiermit gerne auf einen spannende Themenabend hin, den ARTE im November ausgestrahlt hat – und auf den wir via RaGeo* aufmerksam geworden sind (merci!):
Seit Beginn dieses Jahrhunderts gab es mehr Bürgerunruhen als in den 60er Jahren. In Athen gingen Schüler und Studenten auf die Straße, in Kopenhagen die "Altermondialisten" und in der chinesischen Stadt Shenzhen die Arbeiter der Ricoh-Werke. Auf den ersten Blick haben diese Bewegungen nichts miteinander gemein. Außer: Sie werden alle von jungen Menschen getragen, die ihrer Unzufriedenheit über die Globalisierung Gehör verschaffen wollen. Die Dokumentation untersucht die Beweggründe der Protestierenden.
Griechenland, Frankreich, Dänemark, Brasilien oder China - überall auf der Welt regt sich entschiedener Widerstand. Hier der Zorn der Jugendlichen, dort die Kritik an den gesellschaftlichen Verhältnissen, der Aufstand der vom System Ausgeschlossenen.
Nie zuvor war der Geist der Revolte so stark und so verbreitet. Allein im Jahr 2009 wurden weltweit 524 Aufstände gezählt, und fast ein Drittel davon fand in Europa statt. Alle Proteste werden von jungen Menschen getragen, die ihrem Unmut über die Globalisierung Luft machen wollen.

Die Dokumentarfilmer sind nach Griechenland, Dänemark und China gefahren - zu den jungen Akteuren, um mit ihnen über ihre Gründe für die Proteste zu reden. Aus ihrer Sicht schildern sie uns die Unruhen 2008 in Griechenland und 2007 in Kopenhagen sowie die Streiks in der "Weltfabrik China" in Suzhou und Shenzhen 2010. Sie reden über ihr Engagement und ihre Erwartungen und wie sie diese Welt, verändern wollen.
Soziologen aus Frankreich und anderen Ländern analysieren diese neuen Unruhen in den verschiedenen Gesellschaftssystemen. Diese kollektiven Wutausbrüche sind alle Ausdruck der Krise in den Zeiten der Globalisierung (Arte)

Und diesen Film von Samuel Luret & Damien Vercarmer (Frankreich 2010), den wir euch allerwärmstens empfehlen, findet ihr – das ist auch noch ein schönes Supplement – in vier Teilen hier:










*RaGeo ist, so auf http://rageo.twoday.net nachzulesen, eine Blog- Initiative zur Förderung und Verbreitung von kritischen, emanzipatorischen und progressiven Ansätzen innerhalb der wissenschaftlichen Disziplin Geographie. Weiter dient RaGeo als offene Plattform zur Bereitstellung kritischer Arbeiten, Ankündigungen von Veranstaltungen, Veröffentlichung von Diskussionsbeiträgen, aufschalten interessanter Artikel etc. Die Plattform soll den Austausch kritischer GeographInnen und interessierter Personen anderer verwandter Disziplinen vereinfachen und fördern. Explizit zu nennen ist, dass RaGeo keinerlei publizistische, wirtschaftliche oder sonst nicht genannte Interessen verfolgt.

Das gefällt uns!


Freitag, 3. Dezember 2010

Donnerstag, 25. November 2010

1 Tag von 365

1960 wurden 3 Kritikerinnen der Diktatur von Rafael Trujillo in der Dominikanischer Republik entführt, vergewaltigt und gefoltert. Die „Hermanas Mirabal“ (Schwestern Mirabal, siehe Bild) gelten bis heute als Symbol für den Widerstand gegen die Diktatur und seit 1981 wird – initiiert durch karibische und lateinamerikanische Frauen – ihr Todestag, der 25. November, als Gedenktag für die Opfer von Gewalt an Frauen begangen. 1999 wurde der 25. November durch die Vereinten Nationen zum Internationalen Tag zur Beseitigung von Gewalt gegen Frauen erklärt. Und dieser Tag ist heute.

Neben dem 8. März – und in der Schweiz wohl auch dem 7. Februar und dem 14. Juni (ja, was war an diesen Daten schon wieder?! ;-) – ist es wohl der 25. November, der zu den wichtigsten Daten in der (feministischen) Agenda gehören.

Die weltweit am weitesten verbreitete Menschenrechtsverletzung ist nämlich Gewalt gegen Frauen. Sie tritt in verschiedenster Ausprägung in allen Gesellschaften und Gesellschaftsschichten hervor:
„Gewalt gegen Frauen umfasst jede gegen Frauen auf Grund ihrer Geschlechtszugehörigkeit gerichtete Gewalthandlung, durch die Frauen physischer, sexueller oder psychischer Schaden oder Leid zugefügt wird oder zugefügt werden kann, einschliesslich der Androhung derartiger Handlungen, der Nötigung und der willkürlichen Freiheitsberaubung, unabhängig davon, ob im öffentlichen oder im privaten Bereich.“ (UNO)
Weltweit sind für Frauen zwischen 15 und 44 Jahren Vergewaltigungen und häusliche Gewalt ein grösseres Risiko als Verkehrsunfälle, Krebs oder Krieg.

Die jährlich stattfindenen 16 Tage gegen Gewalt an Frauen beginnen am 25.11. und Abschluss ist – fast ein bisschen ironisch – am Internationalen Tag der Menschenrechte (10.12.). Diese „schweizerischen 16 Tage“ sind Teil der internationalen Kampagne "16 Days of Activism Against Gender Violence", die 1991 vom Women's Global Leadership Institute ins Leben gerufen wurden.

Aber was dagegen tun kann man auch an den restlichen Tagen des Jahres. Deswegen meinen wir, sollten Frauenhäuser, die oftmals eine letzte Zufluchtschance bieten, ganz von der öffentlichen Hand getragen werden, denn die meisten der 17 Frauenhäuser in der Schweiz, sind nach wie vor auf Spenden angewiesen. Hier findet ihr die Übersicht der Frauenhäuser - nur so, wegen spenden und so.

Bildquelle


Donnerstag, 11. November 2010

Feminismus heute!?

„Streit um Geschlechterrollen entzweit die deutschen Frauen“ titelte der Bund gestern. Daneben war ein Bild von Alice Schwarzer und der deutschen Familienministerin Kristina Schröder abgebildet. Schröder hat sich in einem Spiegel-Interview nicht nur abschätzig über die Neue Frauenbewegung („Ich glaube, dass zumindest der frühe Feminismus teilweise übersehen hat, dass Partnerschaft und Kinder Glück spenden"), sondern distanzierte sich ebenso von der Prämisse, „Geschlecht“ sei ein soziales Konstrukt.

Eine Reaktion von Deutschlands Vorzeigefeministin liess selbstverständlich nicht lange auf sich warten. In einem offenen Brief an die Ministerin meinte Schwarzer: „Frau Ministerin, ein so billiges Klischee wagen Sie doch nicht allen Ernstes über die folgenreichste soziale Bewegung des 20. Jahrhunderts zu verbreiten?“. Das wagt sie wohl doch. Denn nicht minder befremdend sind ihre Bestrebungen, die Bedürfnisse von Jungen an den deutschen Schulen ernst zu nehmen. „Überspitzt ausgedrückt: Schreiben wir genug Diktate mit Fussballgeschichten? Oder geht es immer nur um Schmetterlinge und Ponys?“ – so heisst das in den Worten Schröders. Hm. Vielleicht wäre es doch nicht schlecht, wenn die Ministerin sich doch nochmals ein Einführungsbuch in Gender Studies in die Hände nehmen würde – dann wäre die Welt womöglich etwas weniger in Himmelblau und Rosarot geteilt.

Interessant ist aber auch die Einschätzung des Bund-Journalisten, der meint:

Die Diskussion (...) hat gezeigt, dass das Thema weniger Männer und Frauen als vielmehr Junge und Ältere spaltet.


Nun – es ist legitim und sehr wichtig, sich zu fragen, wie unterschiedliche Generationen von Frauen (und Männern) Feminismus verstehen und die Geschlechterverhältnisse bewerten. Nichtsdestotrotz scheint es ein gar schneller Rückschluss, die altbackenen und konservativen Positionen Schröders als eine Frage ihrer Generation resp. ihres Alters abzutun, denn Konservativismus ist keine Frage des Alters. Und Feminismus auch nicht.


Freitag, 17. September 2010

Neoliberalismus und Feminismus?

Neoliberalismus und der Feminismus der Neuen Frauenbewegung im Zuge der so genannten 68er blühten etwa zur selben Zeit auf. Nancy Fraser, Politologin, Feministin und wohl eine der klügsten ZeitgenossInnen unserer Zeit weist in diesem Zusammenhang auf eine beunruhigende Möglichkeit hin: Der kulturelle Wandel, der durch diese 2. Welle des Feminismus herbeigeführt wurde, hat gleichzeitig die Transformation einer kapitalistischen Gesellschaft legitimiert – eine Entwicklung, die der feministischen Vision einer gerechten Gesellschaft entgegenwirkt.
War es bloßer Zufall, dass Neue Frauenbewegung und Neoliberalismus gleichzeitig, sozusagen als Tandem, in Erscheinung traten und gediehen? In ihrer Bilanz der letzten 40 Jahre zeigt Nancy Fraser, wie der Neoliberalismus Elemente der feministischen Gesellschaftskritik in den Dienst kapitalistischer Verwertung und gesellschaftlicher Modernisierung stellte. Ihr Fazit: Nur eine Rückbesinnung auf die eigenen radikalen Ursprünge kann die Neue Frauenbewegung aus dieser Umarmung befreien und damit zu einer Überwindung des Neoliberalismus beitragen.

Hier begründet sie diese Einschätzung der geschichtlichen Bedeutung der Neuen Frauenbewegung (englisch):


Feminism, Capitalism, and the Cunning of History
Hochgeladen von laviedesidees. - Nachrichtenvideos aus der ganzen Welt.

Und wer lieber liest, findet die durchaus etwas beklemmend aber dennoch kluge Analyse hier (in deutscher Sprache).


Montag, 13. September 2010

Unverhüllte Einsichten

Über Frauenleben in Bosnien Herzegowina, der Türkei, im Iran, in Afghanistan und in Pakistan berichtet der Film “Unveiled Views“ (Alba Sotorra, 2009). Die porträtierten Frauen sprechen über ihre Berufe, Frauenrechte und ihre Visionen. Da der Film bei uns leider nicht zugänglich ist, folgt hier ein kleiner Einblick in unverhüllte Welten.




Weitere Informationen findet ihr hier.

Dienstag, 24. August 2010

„Drittes Geschlecht“ in Indien juristisch anerkannt

Bei der Beantragung indischer oder pakistanischer Pässe kann neu nicht nur „male“ oder „female“ angekreuzt werden, sondern auch „other“ bzw. „e“ für „eunuch“, berichtet die NZZ heute.

Bei diesen – zugegebenermassen etwas unbeholfen – als „andere“ bezeichneten Menschen handelt es sich um so genannte Hijras: meist biologische Männer, die als Frauen leben und das „dritte Geschlecht“ genannt werden. Das Phänomen der Hijras ist von Ambivalenz durchdrungen: Einerseits werden sie in der ethnologischen Literatur oftmals als Intersexuelle verstanden. Anderseits leben in Indien fast ausschliesslich biologische Männer, die wenig entwickelte männliche Genitalien aufweisen, impotent sind, als Transvestiten leben oder Männer, die eine „passive“ homosexuelle Rolle einnehmen in der Hijra Gemeinschaft. Nur in seltenen Fällen werden auch biologische Frauen aufgenommen und wenn, dann Frauen, die nicht menstruieren.

Die Mehrheit der Mitglieder lässt sich in einem sakralen Ritus kastrieren und wird durch diesen Akt in die Gemeinschaft der Hijras aufgenommen (wobei eine Aufnahme aber auch ohne Kastration möglich ist). Diese „Männer“ opfern damit ihre „Männlichkeit“ und werden gleichzeitig selbst geheiligt. Der Aspekt des Göttlichen vermischt sich hier mit dem Verständnis der Hijras als Intersexuelle. Dieser sexuellen Ambivalenz kommt auch in der indischen Mythologie eine spezielle Bedeutung zu und besitzt in der indischen Gesellschaft einen fest umrissenen sozialen, rituellen und spirituellen Status. So wechseln dort beispielsweise auch die Götter und Göttinnen ihr biologisches Geschlecht.

Renate Syed, Indologin, die zurzeit an einem Buch über die Hijras Indiens und Pakistans schreibt zur aktuellen Entwicklung:

Indiens und Pakistans Hijras kämpfen um ihre Rechte. In Indien übernehmen sie zunehmend politische Ämter, und auch in Pakistan treten sie aus dem Schatten; das Internet und die Vernetzung mit Gleichgesinnten in der ganzen Welt eröffnen ihnen Perspektiven und Kontakte. In Pakistan ist es unter anderen die Hijra Bobby, die mit ihrer Organisation SheMaleAssociation für die Rechte der Gemeinschaft kämpft. Es darf aber auch nicht übersehen werden, dass die Registrierung als «E» (eunuch) bzw. «other» auch die Möglichkeit einer Kontrolle durch den Staat bedeutet, der seine Hijras nun genauer kennt als zuvor. Der alle zehn Jahre in Indien wie in Pakistan erhobene Zensus zählte die Hijras bisher nicht gesondert, sondern führte sie entsprechend ihrem bei der Geburt registrierten Geschlecht als «male». Ab 2021 wird das «dritte Geschlecht» voraussichtlich in den Erhebungen erscheinen, und das erste Mal in ihrer Geschichte werden Indien und Pakistan wissen, wie viele Hijras in ihren Ländern leben.


Es stellt sich auch die Frage, ob durch die Existenz der Hijras das dichotome Geschlechtermodell überhaupt dekonstruiert oder zumindest in Frage gestellt wird. Denn obwohl ein sozialer (und spiritueller) Handlungsspielraum für das Geschlecht der Hijras existiert, handelt sich in dieser sozialen Gruppe um die Koexistenz zweier Geschlechtermodelle und um eine Verbindung der heterosexuellen, dominanten Kultur und einer homosexuellen, auf sexueller Ambivalenz beruhenden Subkultur. Deswegen liesse sich mit diesen Überlegungen im Hinterkopf deshalb fragen, ob der Begriff des „dritten Geschlechts“ hier überhaupt angebracht erscheint.

Um (Teil-)Antworten auf diese Frage zu finden ist der 2005 in Indien von Thoma Hartmann gedrehte Dokumentarfilm „Between the Lines – Indiens drittes Geschlecht“ zu empfehlen.

Montag, 9. August 2010

Feministische Ökonomie

WIDE Switzerland (Women in Development Europe), das Netzwerk von NGO-VertreterInnen, WissenschaftlerInnen und AktivistInnen, die zu Gender und Entwicklung arbeiten, organisiert aufgrund grosser Nachfrage im Oktober/November diesen Jahres ein Wiederholungsseminar zu feministischer Ökonomie. Es richtet sich an VertreterInnen aus Entwicklungsorganisationen, der Verwaltung sowie an Studierende und weitere Interessierte. Anmeldemodalitäten findest du hier.

Die WoZ hat hierzu ausserdem ein umfangreiches und interessantes Dossier zusammengestellt. Gilt als Vorbereitung, sozusagen.