Donnerstag, 11. November 2010

Feminismus heute!?

„Streit um Geschlechterrollen entzweit die deutschen Frauen“ titelte der Bund gestern. Daneben war ein Bild von Alice Schwarzer und der deutschen Familienministerin Kristina Schröder abgebildet. Schröder hat sich in einem Spiegel-Interview nicht nur abschätzig über die Neue Frauenbewegung („Ich glaube, dass zumindest der frühe Feminismus teilweise übersehen hat, dass Partnerschaft und Kinder Glück spenden"), sondern distanzierte sich ebenso von der Prämisse, „Geschlecht“ sei ein soziales Konstrukt.

Eine Reaktion von Deutschlands Vorzeigefeministin liess selbstverständlich nicht lange auf sich warten. In einem offenen Brief an die Ministerin meinte Schwarzer: „Frau Ministerin, ein so billiges Klischee wagen Sie doch nicht allen Ernstes über die folgenreichste soziale Bewegung des 20. Jahrhunderts zu verbreiten?“. Das wagt sie wohl doch. Denn nicht minder befremdend sind ihre Bestrebungen, die Bedürfnisse von Jungen an den deutschen Schulen ernst zu nehmen. „Überspitzt ausgedrückt: Schreiben wir genug Diktate mit Fussballgeschichten? Oder geht es immer nur um Schmetterlinge und Ponys?“ – so heisst das in den Worten Schröders. Hm. Vielleicht wäre es doch nicht schlecht, wenn die Ministerin sich doch nochmals ein Einführungsbuch in Gender Studies in die Hände nehmen würde – dann wäre die Welt womöglich etwas weniger in Himmelblau und Rosarot geteilt.

Interessant ist aber auch die Einschätzung des Bund-Journalisten, der meint:

Die Diskussion (...) hat gezeigt, dass das Thema weniger Männer und Frauen als vielmehr Junge und Ältere spaltet.


Nun – es ist legitim und sehr wichtig, sich zu fragen, wie unterschiedliche Generationen von Frauen (und Männern) Feminismus verstehen und die Geschlechterverhältnisse bewerten. Nichtsdestotrotz scheint es ein gar schneller Rückschluss, die altbackenen und konservativen Positionen Schröders als eine Frage ihrer Generation resp. ihres Alters abzutun, denn Konservativismus ist keine Frage des Alters. Und Feminismus auch nicht.


3 Kommentare:

  1. Es ist nicht (nur) eine Frage des Alters. Vielmehr drückt bei Frau Schröder die altbekannte Anbiederungsstrategie durch: Eine 33-Jährige und erklärte Feministin wäre nie auf den Posten der Familienministerin gehievt worden. Um die eigene Polit-Karriere zu fördern, ist es für Frauen oft hilfreich, sich mit Männern zu verbünden und gleichzeitig gegen alles Feministische zu schiessen. Offenbar klappt das bei Frau Schröder ganz hervorragend...

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  2. „Sind die 30-jährigen dabei, das feministische Erbe zu verschleudern, an dem die 50-Jährigen verbissen festhalten, während derweil die 40-Jährigen fortfahren, den Berufsfeminismus zu etablieren?“ (Stoehr 1994, 104)

    Ich plädiere für die 20-jährigen und für ein zurück zur Klassenfrage. Denn Frauen sind eine Klasse. Und mit der Feststellung alleine, dass Geschlecht sozial konstruiert sei, lösen wir kein Klassenproblem.

    Natürlich ist Schröder daneben... aber ich finde Schwarzers Einwände wenig hilfreich.

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  3. Ich glaube es geht heute teilweise auch um neue Begriffe für die Bemühungen um Gleichberechtigung. Ermutigend erscheint mir hier der Begriff "Geschlechterdemokratie", der auch Männer ins Boot holen kann (was auch teilweise schon passiert ist - s. etwa das Buch "Die Söhne Egalias" von Peter Redvoort)

    Franziska

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