Mittwoch, 11. August 2010

„Lieber nicht schon wieder eine Frau“

Falls Simonetta Sommaruga als Nachfolgerin des zurücktretenden SP-Bundesrates Moritz Leuenberger gewählt wird, wäre die Schweiz erstmals in ihrer Geschichte von einer weiblichen Mehrheit regiert – und dies, obwohl die Quote im Parlament ganz anders aussieht. Aber anstelle die Tatsache anzuerkennen, dass Frauen seit – sage uns schreibe – 1971 in der Eidgenössischen Politik mitwirken, wird die Möglichkeit einer Frauenmehrheit in der Exekutive als bedrohliches Szenario gedeutet. „Lieber nicht schon wieder eine Frau“, so wünscht es sich jedenfalls ein Herr auf blick.ch. „Bitte nicht noch eine Frau bitte. In der Politik sind sie mir zu egoistisch und zu emotional“ weiss ein anderer zu berichten. „Schon wieder“? „Noch eine Frau“? Stimmt, ist echt bedrohlich wenn nach 106 Männern „schon wieder eine Frau“ – die nächste ist übrigens die elfte in der Geschichte der Schweiz – gewählt würde.
Wirklich spannend ist die Situation aber geworden, als Ladykiller Merz auch seine Demissioneingereicht hat. Jetzt nämlich kommt die St. Galler Regierungsrätin Karin Keller-Sutter ins Spiel. Die als „eiserne Lady“ beschriebene Top Favoritin in der Merz Nachfolge scheint dann schon eher ins Schema der bürgerlichen (Herren) zupassen. Aber dennoch – eine 5/7 Mehrheit? Jesses. Das sind imfall 70%. Der SVP-Nationalrat Christoph Mörgeli spricht dann lieber im Namen der Frauen – er selber habe nämlich nichts gegen eine Frauenmehrheit, aber: “Ich werde oft von Frauen angesprochen, die sagen, man solle das auf gar keinen Fall zulassen, das gebe einen Riesenknatsch“. Ach so. Na denn, wenn’s die Frauen selber sagen, dann gibt’s sicher „Zickenterror“. Jedenfalls: Gemäss einer Umfrage könnte die Mehrheit der Bevölkerung mit einer Frauenmehrheit im Bundesrat gut leben. Ach, das ist aber schön. Danke fürs Dulden. Wir ihr wisst, denken ja alle Frauen gleich – v.a. in der Politik. Oder halt, nein – denken tun sie ja nicht, sondern fühlen. Elisabeth Kopp, Alt-Bundesrätin und erste weibliche Vertreterin in der Schweizerischen Exekutive, meinte dazu in der NZZ: „Frauenmehrheit, ja und?“.

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